Vorratspolitik aus der Katerperspektive
Es klappt aber auch mal wieder rein gar
nichts“, sagte ich wütend und pfefferte die
Kartentasche auf den Tisch.
„Was klappt denn mal wieder nicht?“ wollte
Anastasius wissen.
“Die Kartoffelzufuhr - nicht eine einzige Kartoffel
haben wir mehr im Hause . . .“
„Und Woran liegt das wieder“, ärgerte sich
Anastasius, „an deiner Liederlichkeit. Hättest halt
eine bessere Vorratspolitik treiben sollen.“
„Du hast ja recht, Anastasius“, sagte ich zerknirscht,
„aber wer hätte denn gedacht . . ."
„Gedacht, gedacht“, äffte er mich nach, „du
sollst nicht denken, überlaß das Denken lieber
deinem Kater.“
„Das habe ich ja getan“, ärgerte ich mich jetzt
auch. „es hätte dich ja niemand gehindert, mich
rechtzeitig an deine Vorratspolitik zu erinnern.“
„Hat ja bei dir keinen Zweck“, meinte er, „du
vergißt ja doch alles in deiner Schusseligkeit . . .
selbst ist der Kater!“
„So“, sagte ich, „und darf man fragen . . .“
„Du darfst“, erwiderte er gönnerhaft, „schlage
mal das Bett auf . . .“
Neugierig gemacht, folgte ich seiner Anweisung
und . . . prallte entsetzt zurück, als ich unter der
Decke, fein säuberlich verstaut, eine tote Maus
fand.
„Anastasius“, rief ich entrüstet, „was soll denn
das . . . mich so zu erschrecken . . . das ist ja
. . . eine tote Maus . . .“
,.Nein“, sagte er stolz, „das ist Vorratspolitik. . .“
Gestrauchelt!
„Schrecklich“, sagte ich und legte seufzend die
Zeitung beiseite, „da haben sie wieder eine
jugendliche Räuberbande festgenommen. Was
soll aus unserer Jugend bloß werden . . .?“
„Wenn man nichts für sie tut“, meinte Anastasius,
„bestimmt nichts Gutes.“
„Man tut ja, Anastasius, aber so leicht sind
die Kriegsideen aus den jugendlichen Gehirnen
nicht auszumerzen. Wenn einer mit Raub und
Mord aufgewachsen ist, verliert er leicht das
Gefühl für Recht und Unrecht.“
„Man muß eben mit der nötigen Strenge vor-
gehen“, meinte Anastasius weise. „Ich würde
diese jugendliche Räuberbande erst mal
ordentlich verbimsen.“
„Nein, Anastasius“, erwiderte ich, „mit Schlägen
ist da nichts getan. Man muß diese Kinder davon
überzeugen, daß sie Unrecht getan haben,
und das kann man nur mit viel Liebe und Güte,
meinst du nicht auch?“
„I wo“, schüttelte er den Kopf, „ich bin für
Bimse. Eine Räuberbande hat doch wirklich
keine Liebe und Güte verdient.“
„Aber bedenke doch die Jugend, Anastasius, sie
wissen doch noch gar nicht, was sie tun ...
Nein, ich würde einen einmal Gestrauchelten
nur mit Liebe und Güte behandeln.“
„Na, dann fang mal gleich bei mir damit an“,
schnurrte Anastasius und hielt mir sein Köpfchen
zum Krauen hin.
„Bei dir? Wieso denn bei dir? Du bist doch nicht
gestrauchelt . . .“
„Doch“, meinte er, „vorhin . . . über deine
Schuhe, die du zum Trocknen aufs Fensterbrett
gestellt hast, und dabei sind sie auf die Straße
gefallen . . .“
Anastasius meint zum Preisniveau
„Was bringst du denn da angeschleppt?“ fragte
Anastasius und beschnupperte neugierig meine
Einkaufstasche.
„Vorsicht - Glas, Anastasius“, sagte ich. „Ich
habe ein Bowlenservice erstanden, sechs Gläser
und eine Karaffe . . .“
„Wozu brauchst du denn ein Bowlenservice?“
wollte er wissen.
„Das ganze Service brauche ich ja gar nicht,
aber da wir kein einziges Glas mehr haben...“
„Hübsch“, meinte er, während ich auspackte,
„was kostet denn der ganze Kram?“
„Zweiundsiebzig Mark, Anastasius . ..“
„Donnerwetter . . . das ist ja ein Stück Geld . .
darf das so teuer verkauft werden?“
„Anscheinend ja, Anastasius, trotz Preisamt...“
„Preisamt . . . wozu gibt es denn ein Preisamt?“,
fragte Anastasius interessiert.
„Das Preisamt setzt die Preise für lebenswichtige
Artikel fest . . ., z.B. für Bieruntersetzer oder
Bodenvasen . . .“
„Na, siehste“, meinte Anastasius erfreut,
„Bowlenservice kommt sicher nach Bodenvase . . .“
„Du meinst, man geht da alphabetisch vor?“,
fragte ich nachdenklich. „Weißt du, das ist ja
ganz schön, aber wenn sie in dem Tempo weiter«
machen, dann sind sie ungefähr 1960 bei . . . na,
z. B. bei Zervelatwurst angelangt . . .“
„Das macht doch nichts“, meinte Anastasius,
„sieh mal, wenn die Behörden überhaupt so
weitermachen, dann gibt's ja auch vor 1960 keine Zervelatwurst.“
Seltsame Tauschgeschäfte
„Schrecklich viel Besuch hatte ich heute“,
seufzte Anastasius völlig erschöpft, „von allen
möglichen Leuten, die sich für meine Anzeige
interessierten...Ich habe nämlich eine Tausch-
anzeige aufgegeben: „Pelz zu tauschen. . .“
„Du bist wohl verrückt“, unterbrach ich ihn,
„deinen Pelz zu vertauschen - und was ziehst
du dann an?“
„Nichts“, sagte er, „bei der Affenhitze brauch
ich doch nichts anzuziehen . . . Ich hatte also
inseriert ,Pelz zu tauschen gegen Zeitgemäßes“
„Was ist denn ,Zeitgemäßes' . . .?“
„Das ist eine raffinierte Umschreibung für
Fischköpfe“, erklärte er, „schlau, was?“
„Sehr schlau“, bestätigte ich, „und . . .?“
„Ja, das Dumme ist nur, daß die Leute alle nicht
wissen, was ,Zeitgemäßes' ist. Sie brachten die
unmöglichsten Dinge an . . . Was soll ich zum
Beispiel mit einem Saxophon?“
„Na, ein Saxophon ist eigentlich auch was ganz
Zeitgemäßes . . .“
„Findest du?“ meinte er zweifelnd, „mir gefiel
eigentlich der Hut besser . . .“
„Welcher Hut denn?“
„Dieser“, sagte er und holte unter der Couch
einen riesengroßen altertümlichen Zylinderhut
hervor, „er ist zwar 'n bißchen groß, aber die
Frau, die ihn brachte, meinte, ich könnte mir
ihn kleiner machen lassen . . .“
„Aber Anastasius“, stotterte ich verwirrt, „wie
kommst du denn zu dem Hut . . . Ich denke, aus
dem Tausch wurde nichts, nachdem du deinen
Pelz noch anhast . . .“
„Ja, da habe ich Glück gehabt“, sagte er und
blinzelte mich schlau an. „Als ich nämlich
meinen Pelz ausziehen wollte, stellte ich fest,
daß er inzwischen angewachsen ist, und da
meinte die Frau, wenn ich den Hut durchaus
haben wolle, würde sie auch was anderes
nehmen -- mir zuliebe -, und da habe ich ihr einfach dein geblümtes Sommerkleid gegeben, das du vorhin auf der Couch liegengelassen hast...“